Und da liegt auch der Hase im Pfeffer! Experimenteller futuristischer Funk- Fusion-Jazz, wie wir ihn lange nicht mehr in dieser Form gehört haben. Alter Schwede! Wenn ich Larry Coryell im Dezember höchstpersönlich treffe, werde ich ihm diese CD schenken. Er wird begeistert sein! Der schwergewichtige Albumtitel “Sumo” ist aber alles andere als Haferschleim oder Bohnen-Eintopf, wie ihn die japanischen Kolosse in Unmassen vertilgen. Der begeisterte Musikhörer findet hier eine “Creation de New Orleans”, auch Gumbo genannt. Alles in einem Topf - ein Genuss für den Jazz-Fan, dem die sich mittlerweile fast überall breit machende langweilige Transparenz der modernen Pseudo-Jazz-Produktionen ein Greuel sind.
Nach dem Intro steckt der Hörer gleich in “The Big Hit”, der über die Geschwindigkeit und Rhythmus-Vorgabe eines speedigen Walzer-Taktes läuft. Goran Kajfes duelliert sich mit Daniel Karlsson und Per Johannsson, während Bass und Drums ein federndes luftiges Jazz-Kleidchen mit Swing-Stola tragen, das den Solisten von Beginn an jegliche Freiräume einräumt.
“Golden Silver” ist dann zunächst schwermütige Spielwiese für den Organisten Karlsson, der seine gebrochenen Akkorde über das fein akzentuierte Schlagzeugspiel von Janne Robertson legt. Die Synkopen schüttelt er locker aus dem Handgelenk. Der Song ist zwar einer der ruhigeren Beiträge auf der Platte, könnte aber auch locker während jeder Kirchenmesse laufen, wenn der Geistliche die Hostien austeilt
Nummer 4 beginnt wie ein alter Herbie-Hancock-Billy-Cobham-Miles-Davis-Titel. “Bitches Brew” lässt grüssen. Natürlich hört man der Musik von Oddjob an, dass wir uns im einundzwanzigsten. Jahrhundert befinden. “Sewerside Blues” wird nach rund 2 1/2 Minuten freier - ja, macht hier jetzt wirklich jeder, was er will? - man muss die Ohren sehr weit ausfahren - Spannbreite einen halben Meter- würde ich sagen, um alles gleichzeitig einzusaugen und dann passiert plötzlich das Unverschämte: Ruhe. Silentio. Der Track ist zu Ende. Kritikpunkt. Mitten im schönsten Jam hören die einfach auf. Das hätten sich die alten Meister 1.) niemals nie getraut und das wäre Ihnen 2.) nie eingefallen. Nicht umsonst sind frühere Fusion-Tracks manchmal bis zu 20 Minuten lang gewesen.
“Smaland” ist dann der Titel, der sämtliche Bratschen-Witze rechtfertig. Okay - einen langweiligen Titel pro Platte stehen wir den Skandinaviern zu. Wenn ich den Titel höre, denke ich ständig, dass es bei mir an der Tür klingelt. Ich bin das erste Mal fünf gerannt und habe nachgesehen, ob gerade die Post kommt. Na ja, Scherz beiseite - ist ja gar keine Bratsche dabei.
Ich glaube, die Jungs der Band sind auch heimliche Judas Priest-Fans. Der nexte Song heisst “Painkiller” wie auch der letzte Song den Namen der aktuellen CD der Mättler trägt. Aber die Schmerzen sind dann doch nicht sooo relevant, weil Nummer Sechs (Ich bin keine Nummer.....ich bin ein freier Mensch! Kennt das noch jemand?) von der Orgel (erinnert an Keith Emerson und seine Zeit bei The Nice) dominiert wird, sämtliche anderen Instrumente bauen darüber Spannung auf bis zum stimulierenden swingenden Finito. Hier fällt mir das klasse Zusammenspiel von Orgel und Trompete auf und dass es eigentlich viel zu wenige jazzige Orgel-Platten (Was macht eigentlich Barbara?) gibt.
“Punch” ist einer der besten Songs der Platte. Funky New-Orleans-Grooves vom Drummer, die darüber geschobenen Bläsersätze und das synkopierte Piano- Solo von Karlsson machen Lust, auf diesen instrumentalen Jazz-Titel zu tanzen. Funky. Progressiv. Solistisch gut. Das finale “Nostradamus” könnte dann soundtechnisch fast sogar in die Zeit der 70er Jahre Soundtracks fallen. Clint Eastwood schiebt sich als Inspeckter Callahan um eine finstere Ecke, um dann fest zu stellen, dass Herbie Hancock gerade jetzt eine funklastige instrumentale Passage komponiert hat, die ihn dazu herausfordert, fünf Minuten mit seinem ausdauernden Opfer um die Wette zu rennen.
Und zum Ende dieser Rezension sage ich einfach mal voraus, dass diese Platte irgendwo unter dem Haufen verschwinden wird, unter dem sich sämtliche verschollene Kultplatten befinden und in 100 Jahren wird dann der Titel irgendwo in den Besten-Listen auftauchen, ohne dass ihn irgendeiner irgendwann mal gehört richtig hat. Aber Ihr braucht Euch davon nicht beeinflussen lassen, denn nachfolgend gibt es Referenz-Adressen, wo man dieses aussergewöhnlich- experimentelle Jazz-Scheibchen beziehen kann. Und natürlich einige Links, die Euch die CD schmackhaft (oder auch nicht) machen könnten. Voraussetzung ist natürlich, dass Ihr offen für seltsame Geschichten seid.
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Personal:
Goran Kajfes (trumpet, cornet, glockenspiel) Per “Ruskträsk” Johannson (saxophones, flutes, clarinet) Daniel Karlsson (piano, organs, vibraphone) Peter Forss (bass, moog) Janna Robertson (drums, percussion, zither) Stoffe Wallmann (synthesizer (on # 3, # 12)
Veröffentlichung: 29.08.08 (TOTAL TIME: 50:43)
Internet: www.oddjob.cd oder www.myspace.com/oddjobsweden
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